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Online-Appendix zur Kritischen Gesamtausgabe

Portrait Jonas breitDie Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas, erarbeitet am Hans Jonas-Zentrum an der Freien Universität Berlin, erschließt den interdisziplinären Denker und politisch engagierten Ethiker erstmals in voller Breite. Sie schließt damit die Kluft zwischen der Weltbedeutung von Jonas’ Denken für die Zukunftsverantwortung, für das jüdische Erbe im europäischen Geist sowie für die Religionsphilosophie und der beklagenswert unvollständigen, zerstreuten Präsentation dieses Denkens.

Die Kritische Werkausgabe entsteht unter der Verantwortung von Prof. Dr. Dietrich Böhler, Lehrstuhl für Praktische Philosophie und Ethik der Freien Universität Berlin und Vorsitzender des Hans Jonas-Zentrums e. V., sowie von Prof. Dr. Michael Bongardt, Institut für Vergleichende Ethik der Freien Universität Berlin und von Prof. Dr. Dr. h.c. Walther Ch. Zimmerli, der sich vor allem seit der Bamberger Ehrenpromotion von Hans Jonas im Jahr 1990 um die Reflexion und öffentliche Diskussion seines Werkes verdient gemacht hat. Die Edition ist zunächst auf elf Bände (davon zwei Bände in je zwei Teilbänden) angelegt.

Das an dieser Stelle entstehende Onlineportal wird zahlreiche Texte – meist ebenfalls in edierter Form – erstmals frei und weltweit verfügbar machen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in gedruckter Form den Weg in die Kritische Gesamtausgabe finden konnten. → weiterlesen

Organism and Freedom (Appendix zu Bd. I,1 KGA)

Organism and Freedom.
An Essay in Philosophical Biology

Herausgegeben und bearbeitet von
Jens Ole Beckers und Florian Preußger
Online-Appendix zu Band I,1 der Kritischen Ausgabe

Mitte der 1950er Jahre unternimmt Hans Jonas den Versuch, die Teilaspekte seiner Philosophie des Organismus in einer Monographie systematisch zueinander in Beziehung zu setzen. Das fünf Kapitel umfassende Manuskript Organism and Freedom. An Essay in Philosophical Biology wird von den Verlagen jedoch abgelehnt. Nach dem Scheitern des Buchprojekts läßt Jonas von dem Vorhaben ab und so erscheint seine philosophische Biologie erst gut ein Jahrzehnt später als Aufsatzsammlung The Phenomenon of Life. Toward a Philosophical Biology.

Organism and Freedom sticht aus Jonas’ Werk aber nicht zuletzt gerade durch die systematische Darstellung der verschiedenen Momente seiner Philosophie des Organischen heraus. Auch wenn im Nachlaß kein zusammenhängendes Manuskript überliefert ist, kann die hier vorgelegte Rekonstruktion zeigen, daß entscheidende Gedanken des naturphilosophischen Hauptwerks bereits in den 1950er Jahren ausgearbeitet sind.

Obgleich der Autor im Nachhinein das Buch als „unnötig schwierig, straff komponiert und in systematischer, philosophischer Sprache abgefaßt“ einschätzt, gibt es doch seinen Überlegungen eine bündigere Gestalt als das Hauptwerk und lädt zu dessen Relektüre ein.

Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe vervollständigt Organism and Freedom Jonas’ Arbeiten zur Philosophie des Organismus.

Zum Volltext

Band II.3 – Leben und Organismus

U1_Jonas_NN Leben und Organismus.

Herausgegen von Jens Peter Brune und Jens Ole Beckers.
Freiburg i.Br. (Rombach) 2016, 784 S.

Der vorliegende Band versammelt unter dem Titel Leben und Organismus Vorlesungen und Texte von Hans Jonas, die einen wesentlichen Ausschnitt aus rund 25 Jahren akademischer Arbeit widerspiegeln. Es handelt sich bei ihnen nicht allein um Zeugnisse der Reifung jener Gedanken zur philosophischen Biologie, die sich  schließlich 1966 in Jonas’ naturphilosophischem Hauptwerk The Phenomenon of Life: Toward a Philosophical Biology (dt. Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie, 1973) niedergeschlagen haben. Sie legen auch offen, wie früh Hans Jonas bereits entscheidende Ideen und Argumentationsmuster des  späteren Werkes vor Augen standen. Ihre Lektüre bietet zahlreiche Aufwärmübungen für das große philosophische Ringen um eine originäre Theorie des Lebens und des Organismus, fallen sie doch in jene Schaffensperiode, in der seine wichtigsten naturphilosophischen und wissenschaftskritischen Publikationen entstanden.

Die Mühen kleinteiliger, textnaher Rekonstruktion nicht scheuend, findet hier die Auseinandersetzung mit philosophiehistorisch einschlägigen Positionen auf kürzerer Distanz statt, als es die in den veröffentlichten Essays vielfach antithetisch bemühten klassifikatorischen Großtermini wie Idealismus und Materialismus, Dualismus und Monismus, Ontologie und Phänomenologie erlauben. Insofern dokumentieren die in diesem Band edierten Vorlesungen nicht lediglich einen ausgewählten Teil von Jonas’ Lehrtätigkeit, sondern beleuchten den Hintergrund einer Werkgeschichte, in der Organismus und Freiheit das wohl wichtigste Etappenziel ist.

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Band I,2a – Das Prinzip Verantwortung I

HJBand_I2_KORR1.inddDas Prinzip Verantwortung.
Erster Teilband: Grundlegung.

Herausgegeben von Dietrich Böhler und Bernadette Herrmann,
Freiburg i.Br. (Rombach) 2015, 878 S.

Dieser Band präsentiert den Gesamttext von Das Prinzip Verantwortung sowie Hans Jonas’ spätere Grundlegungsschriften zur Zukunftsethik.
Den umfänglichen, zugleich wissenschaftstheoretischen und ontologischen Exkurs Macht oder Ohnmacht der Subjektivität? sah der Verantwortungsdenker zu Recht als unentbehrlich für eine Grundlegung der Ethik an. Räumt er doch den modernen, scheinbar vom Prestige der Naturwissenschaft gestützten Irrtum hinweg, »daß der Geist gegenüber der Materie ohnmächtig sei«. Demgegenüber argumentiert er, daß »nur die Annahme einer echten Wechselwirkung zwischen Leib und Seele den Tatsachen gerecht wird«.

Bis in die Zeit kurz vor seinem Tode erläuterte Hans Jonas auch diese Lösung des der Moderne von Descartes aufgeladenen psycho-physischen Problems, was hier im Teil Ergänzende Texte dokumentiert wird. Vor allem jedoch vertiefte und präzisierte der Jahrhundertdenker, in Rückschau auf das 20. und in Vorschau auf das 21. Jahrhundert, die »ontologische Grundlegung einer Zukunftsethik«. Diese späten Schriften – »Der Zeitgeist kann mir den Buckel herunterrutschen« – sind so lebendig wie streitbar.

Tief verwurzelt in der klassischen und deutschen Philosophie und zugleich sensibel für die ungeheuren Herausforderungen der ökologischen Dauerkrise, sieht Hans Jonas »nicht nur die Existenz, sondern auch das Wesen des Menschen durch die moderne Technologie gefährdet« (Vittorio Hösle). Scharfsichtig und scharfsinnig, angetan mit originärer Denkkraft und beflügelt von reichem, ja poetischem Ausdruck, der das Lesen zum Genuß macht, bringt er das einschneidende Orientierungs- und Handlungsproblem des 21. Jahrhunderts auf den Begriff. Das gelingt ihm, weil er das neue Fundament einer evolutionären Naturphilosophie – vom Organismus zur Freiheit – mit einer nachkantischen normativen Ethik verbindet.

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Band III.1 – Metaphysische und religionsphilosophische Studien

U1_Jonas_III_1Metaphysische, religions- und kulturphilosophische Schriften.

Herausgegen von Michael Bongardt, Udo Lenzig, Wolfgang Erich Müller.
Freiburg i.Br. (Rombach) 2014, 758 S.

„Ich vertrete die These, daß Werkzeug, Bild und Grab die  urtümlichen Anzeigen der Möglichkeit von Physik, Kunst und Metaphysik seien, die zwar nicht überall zur Entfaltung kommen müssen, doch in keiner Kultur gänzlich fehlen. Wenn es richtig ist, daß die unsere dabei ist, oder gar schon damit fertig ist, die Metaphysik aus unserem Geisteshaushalt zu verbannen, so wären wir um diese Dimension des Menschseins ärmer. Wir würden nicht aufhören, Menschen zu sein; aber wir würden aufhören, Geschichte noch verstehen zu können, wenn das Totgesagte wirklich ganz in uns erstorben wäre. Ich mochte fast glauben, daß dies unmöglich ist.“ (Hans Jonas, i. d. Bd., S. 311)

Hans Jonas bekennt sich unbeirrt zu seinem metaphysischen Interesse – auch gegen den erheblichen Widerstand der zeitgenössischen Philosophie. Denn er ist davon überzeugt, daß ohne diese Form des Denkens weder das Phänomen des Lebens noch die Vielfalt der menschlichen Kultur angemessen zu verstehen sind. Vor allem aber führt erst der Mut, über die Grenzen eines naturalistischen Monismus hinauszudenken, zu der Einsicht in die Verantwortung für das Leben, die den Menschen unabweisbar aufgegeben ist.

Der vorliegende Band versammelt Schriften aus allen Perioden des Werks von Hans Jonas. In ihm findet sich die frühe und bis heute aktuelle Kritik an der Erbsündentheologie, mit der  Augustinus die westliche Christenheit so nachhaltig wie kein anderer prägte. Zentrale Aufsätze über Materie, Geist und Schöpfung, Unsterblichkeit und heutige Existenz oder Aus den Anfängen des neuzeitlichen Weltbildes fassen Gedankengänge, die in anderen Werken ausführlich entfaltet
wurden, prägnant zusammen. Nicht zuletzt wurde auch der vermutlich bekannteste theologische Text des jüdischen Denkers aufgenommen: Der Gottesbegriff nach Auschwitz. Eine jüdische Stimme, dessen lange Entstehungsgeschichte hier erstmals durchgängig zu verfolgen ist.

Diese Textsammlung ist geeignet, sich dem Kern des Denkens von Hans Jonas so zu nähern, wie er selbst seine Hörerinnen und Hörer in dieses Zentrum führte. Nicht zufällig sind viele der Texte aus Vorträgen hervorgegangen, mit denen Jonas sich einem breiten Publikum bekannt machte.

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Band III.2 – Herausforderungen und Profile

U1_Jonas_III_2Herausforderungen und Profile.
Jüdisch-deutscher Geist in der Zeit – gegen die Zeit

Herausgegeben von Sebastian Lalla, Florian Preußger und Dietrich Böhler.
Freiburg i.Br. (Rombach) 2013, 536 S.

In 31 Essays und Selbstzeugnissen, Rezensionen und Nachrufen spannt dieser Band den Bogen über sieben bis acht Jahrzehnte eines engagierten Geisteslebens.

Der Bogen führt von dem 1921 geschriebenen Mönchengladbacher Abituraufsatz über Goethes Faust, Kants kategorischen Imperativ und »die Treue gegenüber […] der Allgemeinheit«, über Essays wie Jewish and Christian Elements in Philosophy (1967), über die Würdigung von Hannah Arendts philosophischem Werk (1976) und die prägnante Selbstbiographie Wissenschaft als persönliches Erlebnis (1986) bis zu der vermächtnisartigen Ansprache über Rassismus und Schöpfungsverantwortung, die Jonas 1993, acht Tage vor seinem Tode, in Percoto/Udine gehalten hat.

Es ist faszinierend, mit welcher Geistesgegenwart, sprachlichen Kraft und Argumentativen Intensität der deutsch-jüdisch-amerikanische Denker existentielle und philosophische  Herausforderungen des 20. Jahrhunderts beantwortet. Nicht minder wird es die Leser in den Bann ziehen, wie Jonas signifikante Profile dieser geistig reichen, in Deutschland aber politisch auch fürchterlichen Zeit zu skizzieren weiß. Zu den existentiellen Herausforderungen gehören zunächst der zionistische Aufbau einer jüdischen Heimstatt in Palästina angesichts des deutschen Antisemitismus und vor dem Hintergrund der biblischprophetischen Tradition, sodann die Entrechtung und tödliche Bedrohung der Judenheit durch das nationalsozialistische Deutschland, schließlich der Krieg gegen die Wehrmacht Hitlers. Die philosophischen Herausforderungen reichen von der heideggerschen Selbstzerstörung der Vernunft bis zur ausgehaltenen Spannung zwischen Gottesglauben der Thora und methodischem Atheismus der Wissenschaft, zwischen jüdisch-christlichem Ethos und säkularer Ratio.

Meisterhaft zeichnet der Jahrhundertdenker Jonas geistige Profile der Zeit: Edmund Husserl, Hannah Arendt und Martin Heidegger, Rudolf Arnheim und Leon Roth, Karl Barth und Alfred Schütz u. a. m.

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Band II.2 – Ontologische und wissenschaftliche Revolution

U1_Jonas_II_2Ontologische und wissenschaftliche Revolution.
Herausgegeben von Jens Peter Brune. Freiburg i.Br. (Rombach) 2009, 584 S.

Wegen seiner Berufung an die New School for Social Research siedelte Jonas 1955 von Ottawa nach New York um. In New Rochelle, seinem neuen Wohnsitz, fand er Zugang zu einem philosophisch aufgeschlossenen Kreis von Mathematikern um Kurt Friedrichs und Wilhelm Magnus. Deren Affinität zu den Naturwissenschaften kam ihm entgegen, konnte er doch das im Krieg geweckte Interesse an den Naturwissenschaften in langen Gesprächen vertiefen.
Sein Bemühen, den Beitrag der mathematisch geprägten Naturwissenschaft bei der Formung des neuzeitlichen Welt- und Selbstverständnisses zu verstehen, zeigt sich alsbald in den Vorlesungen, die er ab 1956 mehrfach dem Thema der Ontological and Scientific Revolution widmete: einer Rekonstruktion des modernen naturwissenschaftlichen Geistes von Kopernikus bis Newton mit Blick auf dessen Einbettung in die von Descartes vollendete dualistische Ontologie.
Diese, von Teleologie und substantiellen Formen bereinigte, Ontologie konfrontiert Jonas nicht nur mit der aristotelischen Naturauffassung, sondern – im Vorlesungszyklus über Major Systems of Philosophy – auch mit der, von Platon geprägten, theoria-Tradition insgesamt.
Zeitgleich arbeitete er an der eigenen Philosophie des Organischen – einer
phänomenologischen Ontologie des Lebendigen, die jenen Dualismus dank einer nicht-reduktionistischen Auffassung des Seins überwindet. In den hier edierten Vorlesungen findet Jonas’ Kritik des modernen wissenschaftlichen Denkens, die vor allem in Organismus und Freiheit (KGA I/1) straff und voraussetzungsreich gegeben wird, hilfreiche, den Quellen nahe Erläuterungen.
Dankenswerterweise vom Philosophischen Archiv der Universität Konstanz bereitgestellt, präsentiert der vorliegende Band II/2 der Kritischen Gesamtausgabe erstmals die nachgelassenen Vorlesungen über Major Systems of Philosophy aus dem Jahre 1963 und über Ontological and Scientific Revolution von 1967 – beide in textkritischer und kommentierter Form.

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Band I,1 – Organismus und Freiheit

KGA_I_1Organismus und Freiheit.
Philosophie des Lebens und Ethik der Lebenswissenschaften,
Freiburg i.Br. (Rombach), 2009, 922 S.

In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, als Soldat der Jewish Brigade Group gegen Nazideutschland kämpfend, skizzierte Jonas Grundgedanken einer »philosophischen Biologie«. 1949 nach Kanada und 1955 nach New York berufen, entwickelte er – auf dieser Basis – in jahrzehntelanger Arbeit eine phänomenologische Ontologie des Lebendigen, welche die Philosophie des Organismus und die Philosophie des Geistes umgreift. Nach verschiedenen Teilveröffentlichungen erschien 1966 das englische Buch, dessen Neubearbeitung Jonas dann 1973 unter dem sprechenden Titel »Organismus und Freiheit«
veröffentlichte.
Dieser Neuansatz – Jonas hat das Buch als sein bedeutendstes und als Grundlage seiner Ethik angesehen – bezweckt nichts Geringeres als eine Aufhebung des dualistischen Rahmens der neuzeitlichen Philosophie. Die ontologische Existenzweise des Organismus auf dem Entwicklungspfad zur Freiheit erschließt Jonas in doppelter Frontstellung: gegenüber der Spaltung des Seins in Leib und Seele, Mensch und Welt, aber auch gegenüber den monistischen Reduktionen des Seins – insbesondere vom Materialismus bis hin zur Allgemeinen Systemtheorie. Dabei zeigt er, daß der Organismus auf differenzierte Weise
jene Wirklichkeitssphären vereint, welche in der abendländischen Metaphysik und ihrer Wirkungsgeschichte einschließlich Heideggers und der modernen Hirnforschung vorwiegend als getrennt gesehen werden: Notwendigkeit und Freiheit.
In dem hier vorliegenden ersten Band der Kritischen Gesamtausgabe wird das Werk textkritisch und kontextbezogen kommentiert. Zudem präsentiert dieser Band Jonas’ ethische Anwendungen seiner Philosophie des Lebens auf die molekulare Biologie und die hochtechnologische Medizin. Hier habe sich der Mensch sogar eine »neue Schöpferrolle« zugeeignet, deren moralische Verantwortbarkeit es kritisch zu prüfen gelte.

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Appendix: „Organism and Freedom“